Wo ist die Absprungrate in Google Analytics 4 abgeblieben?
Die Absprungrate (Bounce Rate) ist in Google Analytics eine beliebte Kennzahl anhand derer Website-Betreiber versuchen festzustellen, in wie weit die Inhalte der Seite optimiert werden sollten. Wenn ein Nutzer auf einer Website landet und sie sofort wieder schließt bzw. zu den Suchergebnissen zurückspringt, ist das ein klares Zeichen, dass etwas schief läuft. Die Absprungrate hat aber einige Tücken und wurde daher in Google Analytics 4 durch die Interaktionsrate ersetzt.
In diesem Artikel findest du Details darüber, was das Problem mit der Absprungrate ist, wo du sie in GA4 wiederfindest und warum die die Interaktionsrate die bessere Kennzahl ist.
1. Das Problem mit der Absprungrate in Google Universal Analytics
Der prozentuale Anteil der Nutzer, die eine Website nach nur einer Seitenansicht verlassen, wird als Absprungrate (Bounce Rate) bezeichnet. Diesen Wert betrachtet man lange als indirektes Kriterium für den Erfolg einer Seite bzw. Website.
Aber das Problem ist, dass die Absprungrate als alleiniger Parameter zur Messung des Erfolgs nur begrenzt hilfreich ist. Sie wird gemessen, wenn nach dem Aufrufen der Seite keine weitere Seite aufgerufen wird.
Denn während es für Google ein negatives Signal ist, wenn Nutzer sofort nach dem Website-Besuch zurück zu den Suchergebnissen springen, ist es aber positiv zu sehen, wenn Nutzer die gesuchte Lösung auf dieser einen Seite finden, alles durchlesen und dann erst nach einer Weile zu den Suchergebnissen zurückkehren. Daher muss immer auch die auf der Website verbrachte Zeit eingerechnet werden.
Auch die durchschnittliche Gesamtabsprungrate war immer wenig aussagekräftig. Es war schon immer besser die einzelnen Absprungraten pro Kanal oder Seite auszuwerten und daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten. Nur so können Ausreißer festgestellt werden, z.B. alte Artikel, die überarbeitet werden müssten.
2. Die Interaktionsrate in Google Analytics 4
Die Interaktionsrate in Google Analytics 4 ist die Umkehrung der Absprungrate, also wie hoch der Anteil an Sitzungen ist, bei denen es eine Interaktion gab.
Da Google Analytics 4 auf einem anderen Datenmodell basiert als Universal Analytics und jegliche Aktion ein Ereignis/Event ist, spielt hier im Prinzip nur die Interaktionsrate eine Rolle. Beispielsweise kommt ein Nutzer auf die Seite, scrollt weiter herunter und sieht sich ein Video an und verlässt dann die Seite wieder. In der alten Version von Analytics würde hier jetzt eine Absprungrate von 100% gemessen.
Die Interaktionsrate in Google Analytics 4 berücksichtigt aber, dass Nutzer auf der Seite verschiedene Ereignisse auslösen. Nur wenn der Nutzer nur unter 10 Sekunden auf der Seite bleibt und sie dann verlässt, wird ein Absprung gezählt.
Den Messwert Interaktionsrate findest du in vielen Berichten, hier z.B. bei den Akquisitionsberichten.
3. Wo ist die Absprungrate in Google Analytics 4 geblieben?
Falls du die Absprungrate vermisst und sie unbedingt in den Reports aufzeigen möchtest, kannst du dir einen benutzerdefinierten Report zusammenstellen. In Google Analytics sind viele Messwerte und Dimensionen auf den ersten Blick nicht mehr vorhanden, aber sie sind nur versteckt. Durch Anpassung eines Reports kannst du sie aber wieder sehen.
Wenn du oben rechts in den Berichten auf den Stift klickst, kannst du Messwerte hinzufügen wie hier im Screenshot:
Du kannst dann die Interaktionsrate und die Absprungrate miteinander vergleichen. Logischerweise ergeben bei Werte zusammen 100 %.
4. Was ist eine gute Absprungrate bzw. Interaktionsrate?
Ob eine Absprungrate hoch oder niedrig ist, kann nicht pauschal gesagt werden. Es ist sicher schwierig, eine Absprungrate von unter 20% zu erreichen (bzw. im Umkehrschluss eine Interaktionsrate von über 80 %). Laut Experten sollte der Wert von über 35% zum Nachdenken anregen und über 50% ein Anlass zur Besorgnis sein. Das ist allerdings stark abhängig von der Art der Website. Es kommt auch immer auf die Art der Website an.
Wenn jetzt dein Chef oder Vorgesetzter (oder du selbst) wirklich wissen möchtest, was eine gute Website ist, kannst du dies auf der Website What is a good bounce rate analysieren lassen.
Schon während die Analyse läuft, muss man grinsen auf welchen Daten diese Auswertung basieren soll. Jetzt kannst du diese Zahl deinem Chef vorlegen, denn es ist eine „zertifizierte Absprungrate“ ;).
Aber jetzt im Ernst, eine niedrige Interaktionsrate oder hohe Absprungrate kann auf Probleme auf der Website aufmerksam machen. Es kann diverse Gründe dafür gehen, warum keine weitere Seite aufgerufen wird. Darunter fallen eine unübersichtliche Struktur, eine wenig ansprechende und zielgruppenorientierte Gestaltung, viel Werbung oder Inhalte, die mit gesuchten Schlagwörtern wenig zu tun haben. Als „Gegengift“ sollte man diese Probleme aus dem Weg räumen, um die Website für Nutzer ansprechender zu gestalten.
5. Was du tun kannst, um die Interaktionsrate zu erhöhen
Prinzipiell gelten alle Maßnahmen, die man im Rahmen einer Website-Optimierung und SEO durchführen würde, also sich beispielsweise ansehen, ob die Erwartungen der Nutzer getroffen werden. Wenn potenzielle Interessen über bestimmte Werbekanäle auf die Website kommen und nicht das finden, was in der Werbebotschaft versprochen wurde, bleiben die Leute natürlich nicht auf der Seite.
5.1. Die Usability verbessern
Kann man sich auf der Website schnell nicht zurechtfinden oder ist es unklar, wohin man weiter gehen soll, werden Nutzer sie mit großer Wahrscheinlichkeit verlassen. Durch eine übersichtliche Struktur und eine intuitive Navigation werden die Besucher angeregt länger auf der Website zu bleiben und mehrere Seiten anzusehen, so dass sich die Interaktionsrate steigert.
Dazu gehört auch eine geschickte Verlinkung von einer Seite zur nächsten. Die richtigen Call-to-Actions sorgen dafür, dass Nutzer sich mehrere Seiten ansehen.
WordPress bietet viele wunderschöne Themes und tolle vorgefertigte Layout mit vielen Funktionen. Aber häufig verführen die Funktionalitäten und Designvorschläge dazu alles Mögliche auf die Website zu packen. Weniger ist mehr – gerade in den letzten zwei Jahren geht der Trend hin zu großzügigen Designs mit viel Weißraum. Es verwirrt Nutzer, wenn sie zu viel Auswahl haben und erreichen so möglicherweise gar nicht das Ziel, das du mit deiner Website bezwecken möchtest.
5.2. Die Ladezeit beschleunigen
Heute hat fast niemand mehr Geduld und Verständnis für Websites mit langen Ladezeiten. Diese werden sehr ungern besucht und gelten als weniger benutzerfreundlich. Dauert die Ladezeit deiner Website mehr als 3 Sekunden, werden neue Nutzer sie höchstwahrscheinlich verlassen, ohne eine weitere Seite geöffnet zu haben. Deshalb ist es wichtig auf dieser Ebene Verbesserungen in Angriff zu nehmen und die Geschwindigkeit zu optimieren.
Mit dem Google-Tool Page Speed Insights kannst du überprüfen, wie es um die Geschwindigkeit deiner Website bestellt ist und welche Maßnahmen du ergreifen kannst, um die Website schneller zu machen. Häufig sind die hochgeladenen Bilder zu groß, aber auch viele css- und Javascript-Dateien lassen die Website lahmen. Auch WordPress bzw. das Theme selbst kann an schlechten Ladezeiten schuld sein, wenn zu viele Plugins verwendet wurden oder das Theme sehr mächtig ist.
5.3. Die Gestaltung der Website überarbeiten
Die Website soll attraktiv genug aussehen und auf Besucher einen positiven Eindruck machen. Im Internet sieht man inzwischen sehr viele gute Beispiele mit hochwertigem Design. Daher nimmt man miteinander harmonierende Elemente, leserliche Schriftarten sowie passende Farben seit langem unbewusst als Standard wahr. Wenn deine Website durch unprofessionelles Design unter vielen schönen Websites auffällt, kann das Bedenken beim Nutzer erregen oder vielleicht falsche Vorstellungen von deinem Unternehmen schaffen. Wirkt das Design überladen, findet sich der Nutzer möglicherweise nicht gut zurecht. Damit die Website auf Nutzer vertrauenswürdig und positiv wirkt, wäre es empfehlenswert die Gestaltung überarbeiten zu lassen und dabei schon im Vorfeld auf häufige SEO- und Webdesign-Fehler zu achten.
5.4. Die Werbung minimieren
Aufdringliche Werbung, besonders als Popup-Fenster, wird von Nutzern ebenfalls als Belästigung empfunden wie automatisch abspielende Videos oder Hintergrundmusik. Wenn es gelingt, durch weniger Werbung die Absprungrate zu reduzieren, kann als Ausgleich für entgangene Einnahmen durchaus mit höhere Konversionen gerechnet werden. Auch Google sieht Werbung, gerade im oberen Bereich der Website („above the fold“) kritisch und lässt eine solche Website auch unter Umständen nicht in den Top-Positionen ranken.
5.5. Die richtigen Zielgruppen definieren
Es ist äußerst wichtig eine klare Zielgruppe vor Augen zu haben. Du solltest genau definieren, auf welche Zielgruppe deine Strategie auszurichten ist, über welche Kanäle du sie am besten erreichst und wie du sie für die Webseite begeistern kannst. Denn eine falsche Zielgruppe kann ebenfalls für niedrige Interaktionsraten verantwortlich sein.
5.6. Für ein responsives Design sorgen
Eigentlich sollte es heutzutage selbstverständlich sein, aber ich erwähne es trotzdem. Denn oft sieht man auch Websites, die am Desktop prima aussehen, aber es gibt einzelne Probleme mit der mobilen Version. Sollte deine Website an die Bildschirmgröße von Smartphones oder Tablets nicht angepasst sein, ist das Nutzererlebnis wenig positiv und die Sitzung wird abgebrochen.
Mit dem Tool Test my Site gibt Google Hinweise in welchem Ausmaß deine Website mobiloptimiert ist.
6. Fazit zur Interaktions- und zur Absprungrate
Nachdem du Schritte Steigerung der Interaktionsrate eingeleitet hast, solltest du nach einem gewissen Zeitraum überprüfen, ob sie erfolgreich waren.